Father Browns Geheimnis
Father Brown besucht seinen alten Freund Flambeau in Spanien. Dort trifft er auch den Amerikaner Chase, der ihm das Geheimnis entlocken will, mit welchen Methoden er seine Fälle löst. Doch das ist gar nicht so einfach ...
Flambeau, einst der berühmteste Verbrecher in Frankreich und
später ein sehr privater Detektiv in England, hatte sich bereits seit
langem aus beiden Berufen zurückgezogen. Manche meinen,
seine Laufbahn als Verbrecher habe ihm zu viele Skrupel für eine
Laufbahn als Detektiv eingebracht. Wie auch immer – nach einem
Leben romantischer Fluchten und trickreicher Ausflüchte war er
an einem Ort gelandet, den mancher wohl als angemessene
Adresse betrachten mag: in einem Schloß in Spanien. Das Schloß
hinwiederum war solide, wenngleich verhältnismäßig klein, und
der schwarze Weinberg und die grünen Streifen des Küchengartens
bedeckten ein ansehnliches Stück des braunen Hügels.
Denn Flambeau besaß nach all seinen gewaltsamen Abenteuern
immer noch, was so viele Romanen besitzen und was (zum Beispiel)
so vielen Amerikanern fehlt, die Kraft, sich zur Ruhe zu setzen.
Man kann sie bei manchem großen Hotel-Besitzer finden,
dessen einziger Ehrgeiz es ist, ein kleiner Landwirt zu sein. Man
kann sie bei manchem französischen Provinzkaufmann finden,
der just in dem Augenblick innehält, da er sich in einen widerlichen
Millionär entwickeln und eine ganze Geschäftsstraße kaufen
könnte, und sich still und behaglich auf Daheimsein und Domino
zurückzieht.
Hörprobe (7:35) "Father Browns Geheimnis" aus der Reihe "Father Brown - Das Original" Laden des Audioplayers ...
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Anmerkungen des Übersetzers Hanswilhelm Haefs
"Amerikaner"
Wie fälschlich üblich sind hiermit immer wieder die weißen Einwohner der USA gemeint, auf die sich ebenso ausschließlich auch das Adjektiv "amerikanisch" bezieht (obwohl "Amerika" nach wie vor von Alaska bis Feuerland reicht und "amerikanisch" dementsprechend auf Nord-, Mittel- und Südamerika einschließlich der Karibik Bezug nimmt).
"Clapham Junction"
Clapham ist ein Stadtteil Londons und war einst eine ruhige Luxusvorstadt; Clapham Junction ist ein bedeutender innerstädtischer Nahverkehrsknotenpunkt: Bahnhof Clapham.
"Der Mann auf dem Clapham-Omnibus"
Original: "the man on the Clapham omnibus"
Der Mann auf der Straße, der Durchschnittsmensch.
Wikipedia-Artikel: Otto Normalverbraucher
"Duroc"
frz. = der vom Felsen.
"Die Fackel"
Chesterton verwendet hier im Original die Bezeichnung "The Torch" = Flambeau, was nebst Wachsfackel auch Arm- oder Hängeleuchter bedeuten kann und es angesichts des andern Berufs von Father Brown zulässt, an die Kerzenhalter am Altar zu denken und an das Licht, das ihre Kerzen den Vollzügen des Priesters spenden.
"Mondscheinmord"
Es muss dem Scharfsinn der klugen Leserin, des klugen Lesers überlassen bleiben herauszufinden, welche seiner Geschichten Chesterton mit "the matter of the Moonshine Murder" gemeint haben mag.
"Dupin"
Der Chevalier C. Auguste Dupin klärte 1841 in The Murders in the Rue Morgue den geheimnisvollen Doppelmord in Paris auf, den Edgar Allan Poe in jener berühmten Geschichte erzählt, in der das Wort Detektiv noch nicht bekannt ist, die dennoch als die erste Detektivgeschichte der Weltliteratur gilt und in welcher der erste Amateurdetektiv der Weltliteratur zugleich den Topos seiner Überlegenheit über die Amtspolizei einführt
"Lecocq"
Monsieur Lecocq, ein französischer Polizeidetektiv, tritt 1866 erstmals in L'affaire Lerouge von Emile Gaboriau auf (danach noch in weiteren fünf Romanen), ist zwar Amtspolizist, hat es aber - wahrer Nachfahre Dupins - vor allem mit der Engstirnigkeit seiner Vorgesetzten schwer
"Holmes"
Zu Sherlock Holmes und seinem Adlatus und Stichwortgeber Dr. Watson seien Interessierte auf Sir Arthur Conan Doyles Sherlock-Holmes-Werkausgabe verwiesen.
"Nick Carter"
Nicholas Carter hatte 1891 als "Nick Carter, Detective" seine Laufbahn als Dupin-Nachfahre angetreten, wurde aber als Serienheld aus der Feder vieler Autoren nach und nach immer gewalttätiger und brutaler, erreichte den Höhepunkt seiner Karriere als Agent der CIA, der im Kampf gegen "das Reich des Bösen" Reaganscher Imagination vor keiner Bluttat zurückschreckt und als immer noch lebender primitiver Urgroßvater von James Bond und naher Verwandter der "tough guys" der US-Krimi-Schule gelten darf.
"Gedankenformen"
Chesterton lässt Chace hier von "Thought-Forms" sprechen. "Die Schwesternschaft vom Zweiten Gesicht in Indianapolis" - hat natürlich nicht das geringste mit Albert Vigoleis Thelens autobiographischem Roman "Die Insel des Zweiten Gesichts" zu tun.
"Papst Leo XIII"
Papst Leo XIII. schuf während seines Pontifikats 1878-1903 als Gelehrter wie Politiker durch die Förderung der christlich-sozialen Bewegung und die Verpflichtung der katholischen Theologie und Philosophie auf die Lehre des hl. Thomas von Aquin (dessen Leben Chesterton in Der stumme Ochse behandelt hat) seiner Kirche einen gesicherten Standort in den anstehenden sozialen und weltanschaulichen Kämpfen.
"Form seines "kriminellen Schädels" ..."
Die vom Arzt und Hirnforscher Franz Joseph Gall (1758-1828) begründete Phrenologie glaubte, die geistig-seelischen Eigenschaften des Menschen aus Formeigentümlichkeiten des Schädels erkennen zu können, wie die Physiognomik sie aus Formeigentümlichkeiten des Gesichts erkennen zu können glaubt.
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