Father-Brown

 

Das unlösbare Problem

The Insoluble Problem

Der Meisterdieb Tiger Tyrone will ein kostbares Reliquiar aus einem nahegelegenen Kloster rauben. Flambeau und Father Brown wollen den Diebstahl verhindern. Doch auf dem Weg zur Abtei wartet ein kniffliger Mordfall auf die beiden Detektive ...

Dieser eigenartige Vorfall, in mancher Hinsicht vielleicht der eigenartigste der vielen, die ihm begegneten, widerfuhr Father Brown in jener Zeit, da sein französischer Freund Flambeau den Beruf des Verbrechers aufgegeben und mit viel Eifer und Erfolg den Beruf des Verbrechensaufklärers ergriffen hatte. Nun war es so, daß sich Flambeau sowohl als Dieb wie als Diebsfänger ziemlich auf Juwelendiebstähle spezialisiert hatte, wobei er als Fachmann anerkannt war, sowohl in der Frage, Juwelen zu identifizieren, wie in der ebenso praktischen Frage, Juwelendiebe zu identifizieren. Und es geschah im Zusammenhang mit seinen speziellen Kenntnissen auf diesem Gebiet wie auch mit einem Auftrag, den sie ihm eingebracht hatten, daß er an jenem Morgen, an dem diese Geschichte beginnt, seinen Freund, den Priester, anrief.

Father Brown war entzückt, die Stimme seines alten Freundes zu hören, sogar am Telephon; aber im allgemeinen, und zumal in jenem besonderen Augenblick, mochte Father Brown das Telephon gar nicht sehr. Er zog es bei weitem vor, die Gesichter der Menschen zu beobachten und soziale Atmosphären zu empfinden, und er wußte sehr wohl, daß ohne diese Dinge Wortmitteilungen sehr leicht in die Irre führen können, vor allem solche von völlig Fremden. Und es schien, als habe an jenem besonderen Morgen ein Schwarm von völlig Fremden seine Ohren mit mehr oder weniger unverständigen Wortmitteilungen vollgesummt; das Telephon schien von einem Dämon der Trivialität besessen. Die vielleicht eindeutigste Stimme war eine, die ihn fragte, ob er nicht gegen Zahlung nach einem in seiner Kirche aufgehängten regulären Tarif reguläre Erlaubnisscheine für Mord und Diebstahl ausstelle

Hörprobe (6:22)
"Das unlösbare Problem"
aus der Reihe "Father Brown - Das Original"
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Downloadmöglichkeiten

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Anmerkungen des Übersetzers Hanswilhelm Haefs

 

"Märtyrerin Dorothea"

Hans Baldung Grien: Die Enthauptung der heiligen Dorothea, 1516

Der Name bedeutet "Gottesgeschenk"; der Legende nach wies sie eine Bewerbung des heidnischen Präfekten Fabricius in Caesarea ab und erlitt daher unter Diokletian das Martyrium: gesotten, geschlagen, mit Fackeln verbrannt und enthauptet; dem sie verspottenden Gerichtsschreiber Theophilus (= Der Gott liebt) bringt während der Hinrichtung ein Knabe trotz der Winterszeit in einem Körbchen die ihm versprochenen Äpfel und Rosen ihres himmlischen Bräutigams aus dem Paradies (wie man sehen wird, lässt G. K. Chesterton auch hier Father Brown sich großzügig über die kleineren Details der Heiligenlegende hinwegsetzen).

Wikipedia-Artikel: Dorothea (Heilige)

 

"hagiographische Bedeutung"

Petersplatz, Rom

Die Hagiographie ist die Darstellung von Heiligenleben.

Wikipedia-Artikel: Hagiographie (Hagiologie)

 

"Autofahrt den größeren Teil des Tages"

Bei 65 Meilen Distanz deutet diese Einzelheit sowohl auf die Frühzeit des Automobilismus wie auch auf den Zustand der englischen Überlandstraßen hin.

 

"déclassé"

frz. = herabgekommener Mensch, der unter die Standards seiner gesellschaftlichen Klasse gesunken ist.

 

"mit Steinplatten belegter Pfad ... verrücktes Pflaster ... altes englisches Adjektiv"

Kleinsteinpflaster im Reihenverband angeordnet

Das Adjektiv ist "crazy", zum mittelenglischen Verb "craze" = in Stücke zerschlagen usw. (vgl. schwedisch "krasa" = Knistern, Krachen, Splittern: "slå i kras" = in Stücke zerschlagen; vgl. auch engl. "to crash", davon frz. "écraser" = zermalmen usf.); nach und nach bekam das Adjektiv die Bedeutung "verrückt", auch im Sinne von verrückt: daher "crazy pavement" etwa Mosaikpflaster o. ä. Wiederum ist Chestertons Wortspielerei nur durch eine Art kommentierender Übersetzung annähernd zu retten, muss aber wegen der Gedankenführung gerettet werden.

Wikipedia-Artikel: Pflaster (Belag)

 

"Geheimer Ort ..."

Samuel Taylor Coleridge

Im Original "A secret spot, as savage and enchanted as e'er beneath a waning moon was haunted by woman wailing for her demon lover", geformt nach der 14. bis 16. Zeile in Samuel Taylor Coleridges (1772-1834) Traumgedichtfragment "Kubla Khan" (1798): "A savage place! as holy and enchanted As e'er beneath a waning moon was haunted By woman wailing for her demon lover!" (oder nicht geformt und nur eine der üblichen Nachlässigkeiten?). Coleridge ist zu seiner Traumdichtung durch die folgende Passage in "Purchase his Pilgrimage " von 1626 angeregt worden: "In Xamdu did Cublai Can build a stately Palace, encompassing sixteen miles of plaine ground with a wall, wherein are fertile Meddowes, pleasant Springs, delightful Streames, and all sorts of beasts of chase and game, and in the middest thereof a sumptuous house of pleasure" (und in der Mitten ein üppiges Haus der Freuden). Lord Byron wählte die Zeile "And woman wailing for her Demon Lover" als Motto seines 1823 veröffentlichten "Heaven and Earth". (Hier ließe sich fragen, ob möglicherweise Coleridges Dichtung Chesterton zu seiner Geschichte angeregt hat, die sich so deutlich an Kubla Khans Xanadu orientiert).

Wikipedia-Artikel: Samuel Taylor Coleridge

 

"Hochzeit zu Kana"

Hochzeit zu Kana, Giotto di Bondone (entstanden 1304-1306)

Bei der Jesus Wasser in Wein verwandelte und damit die schönste Widerlegung der finsteren Philosophie des blinden Jorge von Burgos lieferte, Gott lache nicht.

Wikipedia-Artikel: Hochzeit zu Kana

 

"Wahrhafter Bericht über Prozess und Hinrichtung von My Lord Stafford ... Jesuitenverschwörung ... Sir Edmund Berry Godfrey"

Portrait of William Howard, 1st Viscount Stafford (by Anthony Van Dyck)

Die Adelsfamilie der Stafford wurde von dem normannischen Adligen Robert aus dem Haus der Tosny (oder Toeni), den Fahnenträgern des normannischen Herzogtums, begründet, der seinen Sitz auf Stafford Castle nahm, von wo seine Familie ihren Namen bekam; 1351 wurde das Earldom of Stafford geschaffen. Das Haus erlosch 1521, wurde aber 1640 neu begründet durch Erhebung von Sir William Howard, Sohn von Thomas Howard, dem Earl of Arundel and Surrey, zunächst zum Baron und zwei Monate später zum Viscount Stafford (er war mit Mary, der Schwester und Erbin von Henry, dem 5. Baron Stafford, verheiratet).

Wikipedia-article: Baron Stafford

Wikipedia-article: William Howard, 1st Viscount Stafford

My Lord Stafford wurde von Titus Oates der Teilnahme an der Jesuitenverschwörung bezichtigt, für schuldig befunden und 1680 hingerichtet. Er wurde später rehabilitiert, seine Familie in alle Titel wieder eingesetzt, das Earldom erlosch endgültig 1762, doch die Baronie besteht weiter fort (getragen vom Haus Jerningham).

Titus Oates

Titus Oates (1649-1705) war der Sohn eines anabaptistischen Predigers, wurde selbst anglikanischer Geistlicher, bald notorisch als Verleumder, dennoch als Kaplan der Kriegsmarine eingestellt; wegen schlechter Führung in Unehren entlassen, bot er sich dem halb wahnsinnigen Dr. Israel Tonge an, einem redlichen Mann, der besessen war von der Vorstellung, es gebe eine jesuitische Verschwörung gegen anglikanische Kirche und anglikanischen Thron. Oates schmiedete mit Tonge ein Komplott, wonach er als angeblicher Konvertit in die katholische Kirche (in die ihn ein Apostat namens Berry aufnahm) und noch im gleichen Jahr in das Jesuitenkolleg zu Valladolid als Bruder Ambros eintrat, doch wurde er nach kurzer Zeit ausgestoßen. Im Dezember 1677 wurde er im Kolleg zu St. Omer erneut aufgenommen, aber wegen seines skandalösen Benehmens 1678 endgültig ausgestoßen. Im Juni 1678 kehrte er zu Tonge zurück, überzeugte ihn mit einem Konkokt aus Erfundenem oder falsch ausgelegtem Wahrem von einer Jesuitenverschwörung mit dem Ziel, König Charles II. zu ermorden. Die Information wurde dem König zugespielt, der Oates selbst vernahm, aber das Lügengespinst durchschaute und sich lediglich amüsiert zeigte.

Edmund Berry Godfrey

Daraufhin legte Oates vor dem Friedensrichter Sir Edmund Berry Godfrey eine eidesstattliche Erklärung ab und unterbreitete weitere gefälschte Briefe. Unglückliche Zwischenfälle verhinderten einerseits eine gründliche Aufklärung und verliehen andererseits Oates kurzfristig Glaubwürdigkeit, vor allem die nie aufgeklärte Ermordung des Friedensrichters. Gegen den Willen des Königs zog das Parlament die Angelegenheit an sich; es kam zu einer Reihe von Hinrichtungen angeblicher Verschwörer und zu zahlreichen Morden an Katholiken. Damit erstarb die Aufregung, und Oates verschwand in der Versenkung, erhielt aber eine auskömmliche Staatspension. Kurz vor dem Tode Charles II. brachte James Herzog von York, den Oates in die angebliche Verschwörung verwickelt hatte, eine Zivilklage gegen Oates durch, der 1685 gleich nach der Thronbesteigung Jakob II. zu 100.000 Pfund Strafe verurteilt wurde. Da er sie nicht bezahlen konnte, wurde er in Haft genommen und zu schwerer Prügel verurteilt, von der man annahm, sie werde ihn töten, doch überlebte er 3½ Jahre im Gefängnis. Nach der Flucht Jakob II. und während der neuerlichen Aufregung des Volkes gegen die Katholiken brachte Oates eine Klage vor dem House of Lords ein, dass er fälschlich verurteilt worden sei: Zwar erkannte das House darauf, dass der Spruch gegen ihn ungerecht gewesen sei, kassierte ihn aber nicht. Daraufhin klagte Oates vor dem House of Commons, das durch Gesetz das Urteil kassierte. Die rechtlich nicht mehr lösbare Angelegenheit wurde durch einen königlichen Gnadenakt beigelegt, und Oates erhielt eine königliche Pension von 300 Pfund auf Lebenszeit. Die verbrachte er in Zurückgezogenheit, ununterbrochen mit dem Aushecken neuer Intrigen beschäftigt. 1696 widmete er William III. eine wüste Schmähschrift gegen James II. unter dem Titel "Eikon Basilike" (= das Bild des Königs), wurde 1698 Prediger der Baptisten, aber bereits 1701 wegen eines Finanzskandals aus der Sekte ausgeschlossen. Er starb eines natürlichen Todes.

Wikipedia-Artikel: Titus Oates

Wikipedia-article: Edmund Berry Godfrey

 

"nach der Segnung"

Im Original "at the end of Benediction": der Schlusssegen in der katholischen Messe.

Wikipedia-Artikel: Benediktionale

 

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