Father-Brown

 

Warum der literarische Rang Chestertons
dem deutschsprachigen Publikum
weitgehend verborgen blieb

 

Der literarische Rang G. K. Chestertons ist dem deutschsprachigen Publikum vor allem aus drei Gründen weitgehend verborgen geblieben: wegen der weitgehend indiskutablen Übersetzungen besonders der FB-Geschichten; weil man Chestertons Werk vor allem als katholische Apologetik verkauft hat; und weil beide Tatsachen zusätzlich durch die Pater-Brown-Filme verstärkt wurden.

Zu den Pater-Brown-Filmen ist eigentlich nur zu sagen, dass man sie höchstens als "nach Motiven Chestertons" bezeichnen dürfte, da sie nicht einmal die Plots der Geschichten übernommen haben, von den Dialogen und Argumentationsreihen Chestertons ganz zu schweigen, sondern offenbar insbesondere dazu zu dienen hatten, so großartigen Menschendarstellern wie Heinz Rühmann oder Josef Meinrad schöne Rollen auf den Leib zu schreiben. So kam es, dass G. K. Chesterton bis heute für viele wie der Drehbuchschreiber zu den Pater-Brown-Filmen erscheint, ähnlich wie Kipling vielen immer noch als Drehbuchschreiber Walt Disneys gilt.

Was die katholische Apologetik angeht, so bildet sie zwar ein sehr starkes und eigentümliches Element in Chestertons Werk, aber: Der englische Katholizismus befindet sich aus geschichtlichen Gründen in einer völlig anderen gesellschaftlichen wie spirituellen Lage als etwa der deutsche. Da nun Chesterton sich natürlich an der englischen Situation ausrichtete und aus ihr heraus seine Apologetik für englische Leser verfasste, verliert vieles in unkommentierten deutschen Übersetzungen seinen Sinn als wesentliches Element, wenngleich andererseits vieles noch lange lesenswert, anregend und durch seine ungewöhnliche Argumentationsweise geradezu aufregend bleibt.

» Drastische Beispiele früherer Übersetzungen

 

Autor: Hanswilhelm Haefs

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